Indikationen für die stationäre Akutbehandlung/ Krankenhausbehandlung
Indikationen für die stationäre Krankenbehandlung ergeben sich zunächst aus der Schwere der akuten Symptomatik im psychischen, im psychosomatischen und psychosozial-interaktionellem Bereich. Behandelt werden Krankheitsbilder, bei denen
- eine diagnostische Abklärung noch nicht erfolgt ist,
- eine akute psychische/körperliche Instabilität besteht,
- eine stationär behandlungsbedürftige organische Komorbidität besteht,
- eine ambulante Behandlung nicht mehr ausreicht,
- aufgrund psychosozialer Konflikte eine problemlösungsorientierte Behandlung notwendig ist und
- Krankheitseinsicht und Motivation für Psychotherapie bei dem entsprechenden Patienten noch fehlen.
Akutaufnahmen sind jederzeit möglich. Dazu zählen:
Krankheitsbedingte Einschränkungen, welche die Teilnahme an einer ambulanten Behandlung verhindern
z.B. depressive Störungen mit ausgeprägtem sozialen Rückzug und/oder latenter Suizidalität und/oder schweren Erschöpfungszuständen Burnout-Syndrom, Zwangs- oder Angststörungen, bei denen der Patient sich aus sozialen Kontakten zurückgezogen hat.)
Missbrauchsverhalten mit drohender Suchtentwicklung
z.B. Analgetikaabusus bei somatoformen Schmerzstörungen, Tranquilizer- oder Alkoholmissbrauch bei Angststörungen oder im Rahmen chronischer Überforderung und Burnout-Syndromen. Schmerz- und andere somatoforme Störungen mit schweren Verläufen, z.B. mit wiederholten somatischen Behandlungen ohne entsprechenden Befund oder bei einer regelhaften Fixierung auf eine Organogenese der Beschwerden/Schmerzen fehlender Motivation zu einer psychotherapeutisch – psychosomatischen Behandlung.Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen, sind vielfältiger Natur. Akute, schwer belastende oder andauernde unangenehme Ereignisse können bisher erfolgreiche Bewältigungsstrategien derart blockieren, so dass sie zu ausschlaggebenden Ursachen einer Belastungsreaktion oder Anpassungsstörung werden. Unerwartete Extrembelastungen, die lebensbedrohlich und mit Gefühlen völligen Ausgeliefertseins und tiefer Verzweiflung verknüpft sind, führen zu einer dauerhaften Erschütterung des selbst- und Weltverständnisses und im Gefolge oft zu einem posttraumatischen Belastungssyndrom. Zu Anpassungsstörungen, d.h. Zuständen subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, kommt es bei Verlust von nahestehenden Menschen (Tod, Trennung), bei Emigration oder nach Flucht durch Verlust des bisherigen sozialen Gefüges, in Schwellensituationen (z. B. Schulbesuch, Elternschaft, Pensionierung), bei Erreichen oder Misslingen eines Zieles, und als „somatopsychosomatische“ Reaktion bei chronischen psychosomatischen Erkrankungen und bei Konfrontation mit der Diagnose einer lebensbedrohlichen Erkrankung (z. B. Krebs). In den meisten Fällen gelingt es aufgrund erfolgreicher Bewältigungsstrategien, die veränderte Lebenssituation ohne Hilfe oder mit Hilfe einer oder mehrerer stützender Bezugspersonen, ggf. mit Hilfe einer ambulanten Psychotherapie zu meistern. Bestimmte individuelle Prädispositionen oder lebensgeschichtlich erworbene Vulnerabilitäten führen in Einzelfällen zu schweren depressiven und/oder Angstzuständen, welche auch durch eine Kombination von ambulanter Psychotherapie und Psychopharmakagabe nicht beherrscht werden können.
Persönlichkeitsstörungen
Hierfür charakteristisch sind strukturbedingte dysfunktionale kognitive und emotionale Prozesse und ein damit verbundenes dysfunktionales und starres Problem- und Konfliktbewältigungsmanagement, was für den Betroffenen selbstverständlich ist, seine Beziehungsfähigkeit und damit seine soziale Funktions- fähigkeit beeinträchtigt. Dabei ist der Übergang von Persönlichkeitsstilen zur Persönlichkeitsstörung “ entsprechend dem Strukturniveau “ fließend. Emotional- instabile Persönlichkeitsstörungen vom impulsiven und Borderline-Typus weisen neben paranoiden Persönlichkeitsstörungen die größten strukturellen Defizite auf, während schizoide, narzisstische, abhängige, ängstlich- vermeidende und zwanghafte Persönlichkeitsstörungen in ansteigender Reihenfolge stabilere Strukturen aufweisen. Erhebliche psychosoziale Konflikte, schwere depressive Zustände, Substanzmissbrauch und selbstschädigendes Verhalten machen eine stationäre Behandlung erforderlich.
Essstörungen (Anorexia nervosa, Bulimie, andere Essstörungen mit Adipositas)
entstehen als Reaktion und Bewältigungsversuch von seelischen Konflikten und äußeren Belastungen. Im weiteren Verlauf werden Denken und Handeln immer mehr durch das Essproblem bestimmt. Der Verlust an lebendigen Beziehungen zu Anderen, das Ausbleiben wichtiger Entwicklungsschritte bis hin zu körperlichen und sozialen Einschränkungen sind weitere Folgen. Bei Essstörungen kreisen die Gedanken zwanghaft um die Frage des Essens und/oder Nichtessens. Ein übertriebenes Schlankheitsideal, ein besonderer Stellenwert der Esskultur in Familien, die ständige Sorge zu dick zu werden, sind neben unterschiedlichen intrapsychischen Faktoren Auslöser für Essstörungen.
Tinnitus
Der epidemiologischen Tinnitus-Studie der Deutschen Tinnitus-Liga (1999) folgend haben 18,7 Millionen (24,9%) der Bundesbürger ein Ohrgeräusch erlebt, 1,5 Millionen (2%) sind erheblich belastet. Tinnitus-Betroffene entwickeln oft einen immens hohen Leidensdruck bei ungünstigen Strategien in der Tinnitus-Verarbeitung, was “ von den Betroffenen so unbemerkt “ mit der Entwicklung von depressiven und/oder Angststörungen einhergeht; sie erleben eine weit reichende Erschöpfung und Überforderung, die in psychische Begleit- oder Folgeerscheinungen mündet wie erhebliche Konzentrationsschwierigkeiten, Schlafstörungen, Angst vor Verschlechterung oder möglichen Ursachen der Symptomatik, Angst vor Versagen, Depressivität und auch soziale Isolation. Viele zum Teil frustran verlaufene klassisch-medizinische oder auch paramedizinische Behandlungsversuche erweckten zunächst Hoffnung auf Linderung, führten nach Enttäuschung dann in noch tiefere Krisen bis hin zu Sinnkrisen nahe der Suizidalität. Dass ein Ohrgeräusch ganz besonders auch mit psychischem Leiden einhergehen kann, wird häufig nicht ausreichend berücksichtigt: Betroffenen fehlt bisher ein wichtiges Bindeglied zum Verständnis jenes Zusammenhanges zwischen dem organisch bedingten Tinnitus und dem hochgradigen Leiden am Tinnitus. Für eine adäquate Behandlung ist es elementar, dass der / die Betroffene Tinnitus und die Auswirkungen des Tinnitus voneinander zu trennen lernt. Die adäquate Bearbeitung beider Symptomkomplexe führt zu einer psychischen Stabilisierung. Für die Aufnahme in unsere Klinik muss ein stationär behandlungsbedürftiges Krankheitsbild vorliegen.